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Texte

“Ich habe jeden Tag gewartet”

Ein Interview mit DIRK ZÖLLNER

Dirk Zöllner (* 13.6.1962 in Berlin) ist Sänger, Songtexter, Komponist und Musicaldarsteller. Er spielte u.A. in der DDR-Band CHICORÉE und gründete 1987 DIE ZÖLLNER, mit denen er, neben seinen zahlreichen Soloprojekten, bis heute auf Tour ist. Musicalfreunde konnten ihn 2006 als Jesus an der Staatsoperette Dresden in JESUS CHRIST SUPERSTAR und in der gleichen Rolle 2009 im Stadttheater Pforzheim bewundern.

Wir trafen Dirk “Scholle” Zöllner am 20. August 2010 im Rahmen der Liedertour im beschaulich-romantischen Schloss Goseck bei Weißenfels zu einem Interview.

-thowi: Ich geb es mal einfach zu: Ich weiß gar nicht mehr, wie der Kontakt zwischen uns zustande gekommen ist...

-Dirk: Aber ICH! Du hattest auf deinem Myspace-Profil in der Rubrik “Mein Held” “Ritter Runkel” angegeben, ich eben auch, da habe ich dich einfach angeschrieben, weil das auch MEIN Held ist. Das ist eben das Schöne in dieser ver- netzten Welt, dass so Freaks wie wir sich auf solch eine Art und Weise finden können...

AUDIOLINK: Dirk Zöllner zur “vernetzten Welt”, Kontak- ten, Freaks und Comics

-thowi: “Freaks” ist gut. Und wir wissen ja, worüber wir uns heute unterhalten. Du bist Jahrgang 1962, erzähl mal, wie wurdest du von den Digedags “angefixt”...

-Dirk: Mein Start war die Runkelserie, ein Zufallskauf in einem Kiosk bei meinen Großeltern. Ich konnte natürlich noch nicht lesen, meine Mutter las mir vor und mir war das alles völlig neu, es war wie ein Film, bei dem man ständig versucht war, “um die Ecke zu gucken”. Meine Eltern bekamen dann durch Zufall (und auf meinen Wunsch) ein Abo und ich konnte nicht mehr loslassen.

Ungefähr 1975 beschloss ich dann, Hannes Hegen zu besuchen und HATTE TATSÄCHLICH ERFOLG!

-thowi: DAMIT gehörst du ja wohl zu einem GANZ ENGEN KREIS, erzähl, wie, wieso, was?

-Dirk: Eine völlig kuriose Geschichte! Bei uns zu Hause in Berlin-Schöneweide gab es einen Eisenwarenhändler, dessen Sohn mit mir in eine Klasse ging. Hannes Hegen tauchte immer mal bei diesem Händler auf und tauschte MOSAIK-Bücher gegen irgendwelche Mangelwaren-Bohrer, sodass wir Hegens Adresse kannten. Wir nahmen eines Tages all unseren Mut zusammen, fuhren hin und müssen an der Haustür wohl sehr überzeugend gewirkt haben (Vielleicht erkannte Hannes Hegen aber auch nur den Sohn des

Eisenwarenhädlers wieder), jedenfalls bat er uns hinein. Er machte eine regelrechte Führung mit uns, zeigte uns Reinzeichnungen, Bücher mit Comiczeichnungen, die ich nie zuvor gesehen hatte. Hefte, die in Vorbereitung waren und meckerte fortlaufend über das Land und die Politik, was ich damals als völlig linientreuer DDR-Piepel ziemlich befremdlich fand. Zum Abschied bekamen wir noch Vorabdruckbögen von kommenden Heften (das war wohl die Orientserie) geschenkt. Für mich war das ein seltsames und ungeheures Erlebnis, dem Mann gegenüber zu stehen, dem ich fast mein gesamtes (Halb)wissen verdankte, die Digedags haben mir schließlich Physik und Geschichte beigebracht!

-thowi: Ich kann dir nachfühlen! Wie sieht das aus? Hast du diese Schätze noch?

-Dirk: Nein. Keine Ahnung, wo die hin sind. Nach der Wende habe ich auch fast alle Hefte, die ich besaß, verkauft. Obwohl das SO schwer war, an die vor meinem Abo heranzukommen, das brauchte teilweise schon kriminelle Energie (lacht)...

-thowi: Kriminelle Energie? Wie hast du sie dir besorgt?

-Dirk: Na, zunächst mal über die “herkömmliche Schiene”, im Tausch gegen irgendwelche BRAVO-Poster oder Sprengel-Bilder. Aber einmal war ich besonders clever: Ein Kumpel hatte eine KOMPLETTE Sammlung, bei dem zu Hause haben wir Dart gespielt und ich hab einen Pfeil von ihm abbekommen, Den hab ich mir geistesgegenwärtig in die Gürtelschnalle gesteckt und fürchterlich geschrieen und geheult, mich vor Schmerzen gekrümmt, bin in dessen Küche gerannt, hab noch ein wenig Ketchup draufgeschmiert und weitergeheult. Der hatte furchtbare Angst, dass seine Eltern davon erfahren könnten und bat mich um Schweigen. Ich hatte die Lösung:

“Schenkste mir einfach `n paar alte MOSAIKs!” So hab ich mir die 55 und die 77 erschlichen!

Aber, wie gesagt, nach der Wende: Alles verkauft. Ich habe heute wieder fast alle Hefte, die ich mir mühselig übers Internet besorgt habe, die Bücher möchte ich mir aber nicht kaufen, da fehlt mir irgendwie dann der “Zauber”...

-thowi: “Der Zauber”. Was macht den Zauber des MOSAIKs für dich aus?

-Dirk: Das ist nicht immer einfach zu erklären. Ich habe z.B. meiner Frau Denise stundenlang im Bett Digedags-Geschichten vorgelesen und ich weiß nicht genau, was sie mehr beeindruckt hat: Meine Vorlesensweise oder die Geschichten... ...Oder wenn man heute den Markusplatz in Venedig betritt, das ist doch wie ein Dèjá vu: Alles schon mal gesehen, irgendwie schon mal dort gewesen, diese Akribie, mit der im MOSAIK Gegenden beschrieben und gezeichnet werden!

Ich mag sowieso Fortsetzungsgeschichten, Cliffhanger, deshalb schätze ich ja deinen und Schwarwels HOSSA so sehr. Ich hab früher JEDEN TAG GEWARTET auf das kommende Heft, irgendwie war das, wie wenn man heute in den Urlaub fährt: Man freut sich auf den ersten Tag und weiß außerdem, dass es ja weiter geht... Ich glaube auch nicht, dass das MOSAIK verklärt wird, weil es ja diese Comic-Monokultur in der DDR gab, es war

einfach gut und hat Sehnsüchte geweckt.

-thowi: Liest du auch andere Comics?

-Dirk: Ich habe viele ASTERIX-Alben zu Hause und habe jahrelang SPAWN gelesen.

-thowi: Hat das MOSAIK Einfluss in deine Musik gefunden?

-Dirk: Das kann man sicherlich nicht an irgendwelchen konkreten Liedern fest machen, aber solche Sachen wie die doppelseitigen Bilder mit dem fast opernhaften Opus, das hat durchaus meine Kreativität gefördert, auf jeden Fall! Ich hab mir auch jahrelang selbst Ritterregeln ausgedacht. Mein Kollege André Gensicke hat in der DDR-Funk-Band LAMA gespielt, die hatten einen Titel, DIG UND DAG, der Text hat es leider nicht durch die Zensur geschafft, sodass HIP UND HOP daraus wurde. (Anm. thowi: Im Internet findet man den Hinweis auf HIP und HOP (erschienen 1986 auf der AMIGA-EP “Startschuss 2”) und auf das “unveröffentlichte” DIG UND DAG)

Mit meinem Freund André Herzberg (Anm.: PANKOW, Bild rechts: Dirk Zöllner und André Herzberg) treffe ich mich regelmäßig zu einer Skatrunde und in den Pausen führen wir dann immer ein “lustiges Digedags-Episodenraten” durch. Nicht umsonst hat André ja auch seine Autobiographie “MOSAIK” genannt.

Wie gesagt, diese im MOSAIK gezeigte Poesie, die Akribie, das Schöne, all das findet schon auch unterschwellig stets Einfluss in unsere Arbeit als Musiker.

-thowi: Dirk, ich danke dir für das wirklich schöne Interview und denke, dass wir uns bald wiedersehen! Und du kommst hier nicht ohne eine Karikatur davon!

-Dirk: (beim Zeichnen des Bildes hier links) Das denke ich auch, es war sehr angenehm, Leute kennenzulernen, mit denen man “auf einer Wellenlänge” fährt und ich könnte noch EWIG weiter erzählen...

DIRK ZÖLLNER IM www:

www.dirk-zoellner.de

Videolink:

ZÖLLNER-7 Sünden

Videolink:

Gruß an den Comicgarten Leipzig