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Interview

INTERVIEW MIT SASCHA WÜSTEFELD

Thowi: Hallo Sascha, herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Landung mit MAD SONJA bei Disney! Wie kam es dazu?

Sascha: Das ist natürlich eine extrem lange Geschichte aber ich versuch's mal so kurz wie möglich zu machen.

Wir haben mit MadSonja schon 2002 angefangen, ganz kurz, nachdem ich beim Mosaik aufgehört habe. 6 Jahre ist das jetzt schon her! Die ursprüngliche Idee kam von Hubertus und die Entwürfe habe ich dann gemacht. Wenn wir geahnt hätten, was für eine Odyssee uns mit diesem Projekt bevorstehen würde, hätten wir vielleicht schnell den Mut verloren.

2003 haben wir dann auf der Leipziger Buchmesse die allerersten unserer Meinung nach vorzeigbaren Seiten von Mad Sonja Joachim Kaps gezeigt, der damals noch Verlagsleiter für die Comicabteilung des Carlsen Verlags in Hamburg (Tim und Struppi, Harry Potter) war. Und der hat uns dann quasi vom Fleck weg engagiert und ist damit sozusagen der "Entdecker" von Sonja. Er war es auch, der die Idee hatte, aus Sonja eine Heftserie zu machen, die monatlich erscheinen sollte und wir waren natürlich total begeistert von dieser Idee. In solchen Dimensionen hatten wir damals ja nicht mal zu träumen gewagt. Wir dachten eher an ein Album oder ein Taschenbuch. Aber Jo hatte da vollstes Vertrauen in uns, hat uns ständig motiviert und war in den ersten beiden Jahren eine ganz wichtige Figur für uns. Seinen Verdienst kann man eigentlich gar nicht hoch genug einschätzen.

Im selben Jahr haben wir dann erst mal zwei Testnummern gezeichnet, um zu sehen, ob wir das überhaupt alles so hinbekommen. Mit tatkräftiger Unterstützung eines Hintergrundzeichners und unseres geradezu genialen Koloristen Helge Vogt hatten wir's dann geschafft und bewiesen, dass wir als Studio ein monatliches Heft auf die Beine stellen können.

Das war auch so eine herrliche Aufbruchstimmung, alles war möglich, und irgendwie konnte man erahnen, wie es Hannes Hegen damals auf der Rüdigerstraße gegangen sein musste, als er am ersten Mosaik gesessen hat. Es war sein ureigenes Konzept und es gab einen Verlag, der ihn dafür bezahlte, es zur Serienreife zu bringen... Das sind natürlich Traumkonstellationen für jeden Comiczeichner.

2004 war dann ein sehr turbulentes Jahr. International war man inzwischen auf MadSonja aufmerksam geworden, denn Jo Kaps hatte damals eine Menge Treffen hinter den Kulissen organisiert, um das neue Projekt vorzustellen. Fast alle großen europäischen Länder interessierten sich für den Stoff und wir hatten in unseren Potsdamer Büros sogar Besuch vom damaligen Dargaud-Comic-Chef Laurent Duvault, der extra gekommen war, um uns für seine neue Comiclinie zu rekrutieren. Wirklich verrückt!

Wir hatten 7 Nummern MadSonja produziert (eine Ausgabe hatte damals 22 Seiten) und alles war bereit zum Launch (der war eigentlich schon für 2005 geplant), als Jo Carlsen plötzlich verließ, um Tokyopop Deutschland zu gründen. Für ihn ein sehr wichtiger Schritt und ein Herzensprojekt, für uns aber eine mittlere Katastrophe. Bei Carlsen standen die Zeichen plötzlich ungünstig, was MadSonja betraf. Der geplante, und vor allem durch die erforderliche Werbung und Promotion kostspielige Launch als Magazin, hätte Carlsen damals an verlegerische Grenzen gebracht. Carlsen wollte sich außerdem auch wieder mehr als Buchverlag profilieren und viele Magazine wurden sehr schnell eingestellt (z.B. Monster Allergy).

Und wir in Potsdam zitterten vor Angst natürlich wie Espenlaub.

Irgendwann, gegen Ende 2004, bekamen wir dann zwei Nachrichten. Eine gute und eine schlechte. Die schlechte war: Mad Sonja ist eingestellt, das Projekt ist für Carlsen gestorben. Die gute: Disney. Disney kauft Mad Sonja und setzt die Produktion fort. Wir wussten wirklich nicht, ob wir lachen oder weinen sollten, so verrückt war die ganze Situation.

Was dann folgte, ist wieder eine sehr, sehr lange Geschichte, die wir vielleicht bei einer anderen Gelegenheit näher beleuchten können. :)

Nur so viel: Es folgten monatelange Vertragsverhandlungen (ermüdend!), eine Einladung zur Disney-Convention nach Elba (bombastisch!) und schließlich im Oktober 2005 auf der Frankfurter Buchmesse die Vertragsunterzeichnung. Jetzt war es höchste Zeit, Mad Sonja endlich auf den Weg zu bringen, das Gröbste hatten wir hinter uns...

Aber da hatten wir uns ganz schön verrechnet. Bis zum Juni dieses Jahres sollte es noch dauern. Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte...

Thowi: Wir sind des Italienischen alle nicht sehr mächtig, kannst du die SONJA-Story in groben Zügen erklären?

Sascha: Grob gesagt, geht es um die 15jährige Waise Sonja, die bei ihrer Tante Eleonora aufwächst und von einem immer gleichen, schrecklichen Albtraum heimgesucht wird. Darin trifft sie unter anderem ihre toten Eltern, einen wunderschönen Prinzen und einen unheimlichen Finsterling. Als sie eines Tages in ihrer Tasche ein Tier findet, das sie aus ihren Träumen kennt, glaubt sie tatsächlich, verrückt zu sein. Sobald nämlich der Wurler – so heißt das Tier – mit ihr alleine ist, erwacht er zum Leben. Kommen andere, zum Beispiel ihre Freundinnen, hinzu, ist er nur ein regloses Stofftier. Kurze Zeit nach dieser Entdeckung lernt Sonja den undurchsichtigen Friedhofsgärtner Hellbloom kennen, der sich zwar als ehemaliger Freund der Eltern ausgibt, jedoch auf unheimliche Art dem Dämonen ihrer Träume gleicht.

Kurz und gut, die Grenzen zwischen Realität und

Albtraumwelt scheinen sich zunehmend zu verwischen, so dass Sonja - und mit ihr der Leser - bald nicht mehr weiß, ob sie sich die Sachen nur einbildet oder ob die mysteriösen Dinge um sie herum tatsächlich passieren. Parallel dazu gerät auch ihre ganz reale Teenagerwelt ins Trudeln. Zunächst fühlt sie sich von Kim, ihrer besten Freundin, verraten. Nachdem die Sache dann glücklicherweise geklärt ist, verliebt sie sich in Kims Freund, und der sich in sie. Gefühlschaos und Beziehungskrisen also, wie sie jeder Jugendliche sicherlich schon mal erlebt hat.

Zum Schluss gibt es dann ein wirklich überraschendes Finale, zu dem ich aber aus verständlichen Gründen hier noch nichts verraten möchte.

Thowi: Wie übersetzt ihr für euch „MAD“- Als wild? Verrückt?

Sascha: Ja, schon als verrückt. Aber natürlich im übertragenen Sinne. Sonja zweifelt einfach manchmal selber an ihrem Verstand und meint, dass andere sie sicher für verrückt halten. In Wirklichkeit ist sie ein ganz normaler Teenager, der extremen Stimmungsschwankungen unterliegt, die natürlich durch ihre Albträume noch verstärkt werden. Vor allem,

als diese anfangen in die Realität überzugehen. Und dann schickt ihre Tante sie zu allem Übel auch noch zum Psychiater... da ist es fast schon wieder normal, dass sie sich für verrückt hält. :)

Uns hat dieses Thema einer phantastischen Welt, die langsam aber sicher von Sonjas Realität Besitz ergreift und sich durch mehr und mehr Vorzeichen ankündigt und unaufhaltsam herannaht, sehr interessiert. Eine Thematik, die wir aus der Deutschen Romantik entlehnt haben. Ich habe damals ständig E.T.A. Hoffmanns Goldenen Topf mit mir rumgeschleppt (Gott sei Dank ein dünnes Büchlein) und immer wieder darin gelesen. Überhaupt gibt es sehr viele Anspielungen auf die Romantik in MadSonja.

Thowi: Die Zeichnungen erinnern, wie bereits im COMICFORUM bemerkt, sehr an Disney´s WITCH. Ist das beabsichtigt gewesen?

Sascha: Auf den ersten Blick vielleicht...

Wir waren 2002 aus purer Verzweiflung über mehrere daneben gegangene Projekte besonders rebellisch eingestellt und haben MadSonja ganz frech als Gegenentwurf zu WITCH gesehen, natürlich ohne jemals auch nur im Entferntesten daran zu denken, dass daraus mal ein monatliches Heft GENAU wie WITCH werden sollte und das auch noch bei Disney!

Aber so geht es eben manchmal.

2002 war WITCH ja gerade mal 1 Jahr alt und in Deutschland noch keine große Nummer. Wir fanden die Story aber ziemlich kindisch und etwas belanglos. Vor allem die Charaktere waren uns zu schablonenhaft und nicht lebensnah genug. Deshalb dachten wir uns, wie es eigentlich wäre, wenn wir auch eine Geschichte mit und für Mädchen machen würde, aber viel erdiger, ehrlicher und ernster. Unsere Mädchen sollten eben nicht zaubern können und die Geschichten sich um ganz echte, irdische Probleme drehen und einen leicht psychologischen Einschlag haben (auch wenn das jetzt vielleicht ein bisschen überspannt klingt).

In den Zeichnungen sehe ich zum Beispiel viel mehr Mosaik als WITCH. Schließlich hat Lona schon immer die hübschesten Mädchen und Frauen im Comic gezeichnet und das war eine harte, aber wichtige Schule für mich.

Auch die Hintergründe sind viel detaillierter und an reale Vorbilder angelehnt. Sonjas Schule ist zum Beispiel mehr oder weniger meine Neubauschule in Dresden-Leuben. Die 78. POS Rudolf Breitscheid.

Hinter der Glitzerfassade, auch vom Qualitätsanspruch her, stecken auch wieder Mosaik-Bezüge. Dass alles wie aus einem Guss wirkt zum Beispiel. Oder eben die akribische Recherche.

Es ist auch ein großes Ziel gewesen ein möglichst genaues Abbild der heutigen Zeit abzuliefern. Manchmal ist es einfacher irgendwelche Zauberschlösser als einen ganz normalen Straßenzug mit Neubaublock zu zeichnen. Das kennt nämlich jeder und jeder weiß genau, wie es aussieht. Machst Du es falsch, bekommst Du viel Kritik. Beim Zauberschloss kannst Du spinnen und viel selber erfinden. Das geht bei Sonja nicht.

In WITCH empfinde ich die Mädchen eher als Karikaturen von Mädchen, denn als reale, atmende und beseelte Figuren. Und das hatte Lona eben drauf und ich hoffe, dass ihr Einfluss auch ein bisschen auf meine Figuren abgefärbt hat.

Sicher lässt auch die gesamte Thematik und das Genre am Anfang erst mal an WITCH denken. Aber dieser Eindruck wird sich mit der Zeit sicher legen. Außerdem hätte sich Disney MadSonja sicher nicht geschnappt, wenn es sie in erster Linie an WITCH erinnert hätte.

Thowi: Frech gefragt: Man kann nicht behaupten, dass Hubertus, Helge und du zur „jungen Generation“ gehören. Dieser Comic entspricht aber voll dem so genannten „Zeitgeist“. Was habt ihr getan, um in diesen Jungbrunnen zu springen?

Sascha: Hubertus ist natürlich wahnsinnig alt. Wir nennen ihn heimlich den blauroten Methusalem und führen über jede seiner stündlich neu hinzukommenden Halsfalten genau Buch.

Nee, aber mal ernsthaft. Guck mal, wir haben wie gesagt 2002 angefangen und da war Helge 26 und ich 27. Also nicht soooooo alt. Und da waren die Erinnerungen eben auch noch frischer als jetzt. Die Story haben Hubertus und ich in der Carlsenzeit

nämlich immer zusammen geschrieben.

Viel jünger kann man nicht sein, wenn man sich an so ein Projekt heranwagt.

Hubertus' Sohn war damals auch ziemlich genau in Sonjas Alter und so hatten wir einen ganz guten Einblick ins Teenagerleben. Hubertus war auch mehrere Male in der Schule, hat Seiten von MadSonja gezeigt und die Kids befragt. Hin und wieder hat unser Methusalem sogar ein paar Mädchen auf ihren nachmittäglichen Freizeit-Touren begleitet und sich dabei Notizen gemacht. Einige Szenen in den Heften sind wirklich 1:1 aus der Realität übernommen.

Kleidung, Verhalten, Sprache usw. konnte ich immer ausgiebig auf meinen langen Bahnfahrten nach Potsdam Babelsberg studieren. Da sind immer viele Schüler mitgefahren und da hab ich oft Mäuschen gespielt und mir viele Posen abgeguckt und Ideen für neue Figuren gesammelt.

Schwierig wurde später vor allem die "Klamottenfrage", als sich der Erscheinungstermin für MadSonja immer mehr nach hinten verschob und wir Gefahr liefen, dass die Kleidung inzwischen wieder out ist. Die haben wir dann auch mehrmals überarbeitet...

Thowi: Wie siehst du die Zukunft für MAD SONJA? Gibt es feedbacks aus Italien? Gibt es eine Chance für die deutschen Disney- oder auch Mosaikfans, eine deutsche Ausgabe zu erwarten? Kann man dies forcieren? Kann man z.B. MAD SONJA von Deutschland aus bestellen?

Sascha: Im Moment ist es wirklich noch zu früh um da schon einen Trend ablesen zu können. Ich glaube aber, dass die erste Ausgabe sich ganz gut verkauft hat. In den italienischen Foren war oft zu lesen, dass es einigen ab einem gewissen Zeitpunkt schwergefallen

ist, noch eine Ausgabe an den Kiosken zu finden. Aber wer weiß... Bei der heutigen Marktlage kann es auch ganz schnell wieder vorbei sein. Da entscheiden die Einnahmen von verkauften (Werbe-)Anzeigen manchmal mehr als die tatsächlich verkauften Hefte...

Aber die Figuren, und vor allem Sonja mit ihren Problemen, kommen super an und auf dem MadSonja-Blog gibt es schon eine ganze Menge entsprechender Kommentare. Es ist echt ein herrliches Gefühl, nach all den Jahren, die wir quasi für die Festplatte gearbeitet haben, plötzlich Feedback von echten Lesern aus Fleisch und Blut zu bekommen. Fantastisch!

MadSonja in Deutschland irgendwie zu erwerben ist leider so gut wie unmöglich. Natürlich kann man versuchen, ganz viele Mails an den Ehapa-Verlag (den Hauptlizenznehmer von Disney in Deutschland) schreiben und um eine möglichst schnelle Veröffentlichung in Deutschland bitten. Vielleicht lässt es sich so etwas beschleunigen.

Thowi: Gibt es bestimmte Vorgaben von Disney Italia bezüglich bestimmter Stile oder gar „get no-s“?

Sascha: Ja. Die gibt es schon. Zigaretten zum Beispiel gehen nicht, da mussten wir auch schon mal was retuschieren. Aber im Großen und Ganzen haben wir erstaunlicher Weise freihe Hand. Disney mag MadSonja sehr und sie vertrauen uns da auch, was die Inhalte betrifft.

Drogen und Sex sind natürlich auch tabu - obwohl, MadSonja ist schon ein bisschen sexier als so manch anderes Disney-Produkt. Disney wollte hier wirklich ganz klar weg vom alten Schema.

Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht noch, dass wir viele Seiten von Sonja umarbeiten mussten, weil sich unser Farb- und Zeichenstil im Laufe der Arbeit an den sogenannten Carlsen-Seiten dramatisch verändert und weiterentwickelt hat, so dass die ersten 2, 3 Hefte stilistisch plötzlich krass anders aussahen. Das erste, jetzt erschienene, MadSonja-Heft ist in dieser Hinsicht auch ein besonderer "Edelstein". Das besteht nämlich zum großen Teil aus den zwei ersten Ur-Heften für den Carlsen-Verlag deren Seiten wir dann nochmal an unseren neuen Stil angepasst haben.

Aber auch das war keine Unzumutbarkeit oder so, sondern wir waren im Gegenteil eigentlich ganz froh darüber, die alten Zeichnungen über Bord werfen zu können.

Thowi: Back to the roots: Wie gelang dir damals der Sprung vom Wittenberger DIGEFAX hinein in die Berliner Lindenallee?

Sascha: Über Gerd Lettkemann. Ich war mit ihm per Brief (damals schrob man noch keine Emails) gut befreundet und wir hatten zusammen diesen Comic für die Mosaik-Jubliäumsnummer 240 gemacht. Ja, es war der mit den Mangafaxen, aber ich habe die Mangafaxe später im Orient-Express nicht so "speziell" gezeichnet, weil ich diese Zukunftsvision aus dem 240er Comic mit Gerd wahr werden lassen wollte. :)

Na, jedenfalls hat dieser Comic in der Redaktion .

irgendwie Wellen geschlagen, obwohl Jörg, wie er mir später sagte, von meinem Inking enttäuscht war, weil er zuerst die Bleistiftzeichnungen gesehen hatte und die ihm weitaus besser als das Endprodukt gefallen hatten. Seufz - er hatte leider Recht...

Später hatte ich dann eine Comicsere namens "Kalle" in der Sächsischen Zeitung und Hubertus, den ich damals nur als Star-Autor vom Hollywood-Album kannte, hatte Folgen davon immer ins Mosaik mitgebracht.

Nicht zuletzt war die Arbeit am Digefax ausschlaggebend, weil Volker Stehr den ja auch in die Lindenallee schickte und meine Zeichnungen so im Mosaik Verbreitung fanden.

Mein erster Besuch beim Mosaik war dann 1996. Ich hatte Jens Fischer auf der Mosaikbörse am Funkturm angesprochen und ihm eine kleine Mappe gezeigt. Daraufhin hat er mich zum Mosaikstand geführt und Klaus vorgestellt. Jörg war gerade nicht am Stand und da ich wieder zurück nach Dresden musste, gab Klaus mir Jörgs Telefonnummer, damit ich ihn anrufen konnte.

Oh Mann... als ich in wieder in Dresden war, war ich dann dermaßen aufgeregt, dass ich fast eine Stunde im Kreis um die Telefonzelle gelaufen bin, weil ich mich einfach nicht getraut habe, beim Mosaik anzurufen um mit Jörg zu sprechen. Er war ja eigentlich eine unerreichbare Berühmtheit für einen Hardcore-Mosaikfan wie mich. Als ob man mit Paul McCartney telefonieren muss oder so...

Als ich das dann endlich auf die Reihe bekommen hatte, stotterte ich wirres Zeug in die Telefonmuschel, aus dem Jörg Gott-sei-Dank meinen Wunsch nach einem Praktikum beim Mosaik herausfiltern konnte und das dann in die Wege leitete.

Im Sommer 1997 war es soweit. Aufegeregt saß ich früh morgens an meinem Arbeitsplatz in der Lindenalle und freute mich darauf, bald meine erste Zeichnung für den Innenteil oder die Leserbriefseiten machen zu können. Leider kam Jörg dann aber sofort mit einer richtigen Seite zu mir, was mich dermaßen einschüchterte, dass ich den ganzen Tag zur Salzsäule erstarrt am Tisch saß und keinen Strich machen konnte. Ich zeichnete dann nur nachts, wenn keiner mehr da war, denn ich musste im Zeichnerzimmer auf einer Luftmatratze übernachten, da ich noch keine Wohnung hatte

Thowi: Warum hast du damals beim MOSAIK aufgehört zu arbeiten?

Sascha: Kurz gesagt: Es lief nicht so gut für mich beim Mosaik.

Alle waren extrem nervös nach Lonas Weggang, weil keiner so richtig wusste, wie sich das auf die Hefte auswirken würde. Sie hat dann immerhin noch die Figurinen für die Abrafaxe-Kostüme im Orientexpress gemacht und ich hatte das zweifelhafte "Glück" von Lona zum ersten alleinigen Abrafaxe-Zeichner bestimmt zu werden. Das hat mich damals zwar erst mal gefreut, wurde aber dann doch schnell zum Albtraum.

Schon im ersten Orientexpress-Heft war ich so angespannt und hatte wohl auch zu hohe Erwartungen an mich selbst (erinnert sich noch jemand an die Seite, wo die Abrafaxe den Koffer tragen? Ganz am Anfang? Ganze 5 Mal habe ich die Seite neu gezeichnet und getuscht, bis ich einigermaßen "zufrieden" damit war...), dass ich mich kaum noch aufs Zeichnen konzentrieren konnte. Es war schrecklich. Ich war hochdeprimiert, hatte das Gefühl, nichts mehr zustande bringen zu können und zuguterletzt floh ich mich in einen Zeichenstil, der klar zeigt, wie sehr ich damals die Kontrolle über das Zeichnen an sich verloren hatte. Ich war einfach viel zu unerfahren und wohl auch zu sprunghaft, um ein und denselben Stil über -zig Hefte hinweg (wie Thomas das heute ja ganz ausgezeichnet macht) durchzuhalten und war ziemlich am Ende und kaputt. Jens hat die Abrafaxe aus kollegialem Mitgefühl dann ja erst mal übernommen...

Danach war beim Mosaik für mich nichts mehr beim Alten und ich wurde von allen Seiten misstrauisch beäugt.

Immerhin haben wir den Orientexpress dann noch mit ein paar ganz guten Heften gerettet. Zwischen der 293 und der 297 gibt es meiner Meinung nach ein paar ganz schöne Ausgaben. Und Thomas, Jens und ich haben gut zusammengearbeitet. Wir waren ja nur zu dritt damals (Conny war noch Praktikantin). Steffen, natürlich nicht zu vergessen, hat damals auch besonders detailverliebte, schöne Hintergründe gemacht und die Farben waren das erste Mal nur von Andrè, was den Heften eine angenehm homogene Note gegeben hat.

Das Ende der Serie ist dann leider weniger gelungen. Vor allem das letzte Heft...

Ein halbes Jahr später bin ich dann aber zu der Einsicht gekommen, dass es für das Mosaik und mich vermutlich das Beste ist, wenn ich ganz aufhöre. Für viele beim Mosaik kam diese Entscheidung ziemlich überraschend und vielleicht sogar überstürzt. Aber für mich war das tatsächlich der einzige Weg, wieder Land zu sehen. Ich wollte einfach noch viel, viel mehr lernen und mich weiterentwickeln. Auch mal anderes zeichnen, an neuen Projekten arbeiten. Ich bin dann erst mal zu Hahnfilm gegangen und das war wirklich eine schöne und fruchtbare Zeit dort.

Thowi: Wie kam es zur weiteren Zusammenarbeit mit Hubertus Rufledt? War LOTTA ÜBERALL euer erstes (weiteres) Projekt?

Also mit Hubertus habe ich schon zu Mosaik-Zeiten an neuen Ideen gesessen. Und wir hocken bis heute ständig zusammen und denken uns neue Sachen aus.

Lotta ist allerdings nicht wirklich ein Projekt von Hubertus und mir, sondern von ihm und Mario Kuchinke-Hofer (dem Hintergrundzeichner von Sonja). Mario hat aber früh gemerkt, dass er das gesamte Artwork (also Figuren, Hintergründe und Farbe) nicht alleine schafft, denn er arbeitet hauptberuflich ja bei Hahnflim und kann nur Abends an Lotta arbeiten.

Deshalb haben die beiden mich dann als Figurenzeichner mit ins Boot geholt.

Lotta ist also schon irgendwie unser erstes weiteres realisiertes Projekt - obwohl eher WÄHREND Sonja. Denn seit wir mit Sonja angefangen haben gab es keine wirkliche Pause. Im Moment zeichne ich zum Beispiel gerade das sechste MadSonja-Heft für Disney und parallel dazu die letzten Lotta-Folgen. Lotta wird nach Folge 24 leider, leider erst mal pausieren und durch eine neue Serie ersetzt werden.

Thowi: Hast du noch feedbacks aus der damaligen Mosaik(fan)szene?

Na klar. Von Dir zu Beispiel. Außerdem bin ich ich mit Ulf (Graupner), Jens (Fischer) und Andreas (Pasda) eng befreundet und wir sehen uns auch sehr, sehr oft und sprechen dann über das letzte Mosaik oder unsere anderen Zeichnungen und Ideen.

Es ist auch Wahnsinn zu sehen, wie Du und Helmut auf Euren Seiten immer wieder für Lotta werben und wie da wirklich jedes noch so kleine Projekt von ehemaligen Mosaikzeichnern wohlwollend aufgenommen wird. Das ist schon etwas Besonderes. Außerdem komme ich ja selbst aus der Fanszene und manchmal wünsche ich mir, das ich diese ganzen Möglichkeiten, die es heute durch das Internet gibt, damals auch schon gehabt hätte. Dann hätte eine Email an Jörg vielleicht schon genügt und ich hätte nicht eine Stunde um die Telefonzelle stromern müssen. :)

Ein paar mehr Digefaxe und Mosaiker würde ich mir noch wünschen. Schade, dass die so verschwunden sind... Und was ist eigentlich aus dem Alex geworden?

Thowi: DER lebt weiter, auf jeden Fall! Wir wünschen dir und deinen „Mitstreitern“ bei MAD SONJA erst einmal VIEL GLÜCK und freuen uns auf ALLES, was da noch kommen mag!

Danke, danke, danke! Es kommt hoffentlich noch eine ganze Menge!

Links:

http://www.greyhoundstudios.de/

 

http://www.madsonja.it/blog/